Ein gläsernes Lehrerzimmer und mit Hausschuhen durch die Schule laufen? Nein, nicht an unserer Schule, aber in einer Schule im Zentrum von Rostock ist dies normale Realität. Am 28. und 29. August fuhren elf Schüler des Schulzentrums am Sund, Stralsund, an die „Werkstattschule in Rostock” (WIR) um im Rahmen des Netzwerkes BlickRichtungVielfalt erstmalig an einem Schüleraustausch teil zu nehmen.
Der Austauschbericht auf der Website des Schulzentrums am Sund
28.08.2018: Nach der einstündigen Zugfahrt vom Stralsunder zum Rostocker Hauptbahnhof wurden wir von Laura, einer Zwölftklässlerin der Schule, abgeholt. Als wir anschließend den Schulhof betraten, waren wir alle sehr über die Größe des Geländes erstaunt. Was wir in diesem Moment aber noch nicht wussten war, dass das nur der „vordere“ Teil ist. Nach dem Eintritt in das Schulgebäude standen wir in der Aula. Der runde Eingangsbereich ist zweimal so groß wie unsere Mensa und sehr offen gestaltet. Er dient als Mehrzweckhalle und als Anlaufpunkt der Schüler, zum Beispiel als Pausenraum. Als nächstes erklärte Laura uns das etwas andere Schulkonzept. An ihrer Schule gibt es wenig Frontalunterricht, dass bedeutet, dass sich die Schüler den Schulstoff in Gruppen oder in Alleinarbeit eigenständig erarbeiten (—> Freiarbeitszeit). Nichtsdestotrotz kann die Schule nicht komplett auf den Frontalunterricht verzichten und in den Freiarbeitszeiten ist immer ein Lehrer anwesend, der die Lernenden bei Fragen unterstützt. In gewissen Fächern arbeiten nicht nur Schüler einer Jahrgangsstufe zusammen, sondern von zwei Stufen (5-6, 7-8, 9-10, 11-12), die sich somit gegenseitig bereichern sollen. Im Gegensatz zu unserer Schule trennen sich die Regional- und Gymnasialschüler nicht in der siebten Klasse, sondern erst in der Zehnten, was für eine stärkere Bindung sorgt, die bei uns an der Schule leider fehlt. Die meisten Schüler sind schon ab der Klassenstufe eins da und bleiben bis zur zwölften Klassen zusammen.
Nach den Erklärungen hospitierten wir im dortigen Unterricht, der in den ersten zwei Wochen des Schuljahres besonders ist, denn die Schüler nehmen am Werkstattunterricht teil. Das bedeutet, dass die Schüler eine Mappe mit verschiedenen Aufgabenstellungen bekommen, die sie selbstständig bzw. in Gruppe innerhalb von den zwei Wochen lösen müssen. Mithilfe der Aufgaben, die alle zu einem übergeordneten Thema gehören (zum Beispiel Klasse 9./10.: DDR), eignen sich die Lernenden ihr Basiswissen für die einzelnen Fächer an. Auffallend war, dass egal in welcher Klasse wir waren, die Schüler fleißig und selbstständig gearbeitet haben, auch wenn mal keine Lehrkraft anwesend war. Diese Mappenarbeit hat uns sehr gut gefallen, da sie zum Einen sehr vielfältig gestaltet ist und zum Anderen die Selbstständigkeit der Schüler fördert. Anschließend führte uns Laura durch die Rostocker Innenstadt und den Hafenbereich. Darauf folgend kauften wir für unser Abendessen ein. Es gab Wraps, die wir in der Schulküche zubereiteten und mit anderen Schülern der Schule zusammen gegessen haben. Unseren Abend schlossen wir unter freiem Himmel mit einem Film der im Max-Samuel-Haus (Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur) präsentiert wurde, ab.
29.08.2018: Wir starteten unseren zweiten Tag mit einem ergiebigen Frühstück und fuhren danach wieder zur Werkstattschule in Rostock. Bis circa 14 Uhr hospitierten wir in verschiedenen Klassen und genossen zur Mittagszeit das Schulessen. Im Anschluss wurde eine Abschlussrunde organisiert, an der Schüler und Lehrer der WIR und unsere Schüler teilnahmen. Dieses Treffen diente dem Austausch der beiden Schulen. Wir sprachen über unsere sehr positiven Eindrücke der Schule und diskutierten über das Dortige und unser Schulkonzept. Gerade in diesem Gespräch merkten wir die bestehenden Unterschiede noch deutlicher. Unser Meinung nach haben die Schüler an der Werkstattschule in Rostock haben ein sehr hohes Mitspracherecht, welches sowohl den Unterricht als auch den allgemeinen Schulalltag betrifft. Die Lehrer-Schüler-Beziehung ist an der Rostocker Schule viel vertiefter. Nach der Abschlussrunde und einer kleinen Eispause brachte uns Laura zum Hauptbahnhof, von dem wir mit dem Zug in Richtung Stralsund fuhren. Gegen 18 Uhr kamen wir in Stralsund an und unsere Fahrt endete.
Abschließend kann man sagen, dass uns der Schulaustausch sehr gut gefallen hat. Dieser hat uns einige Schwachpunkte der Schule sowie Verbesserungsmöglichkeiten des Schultags demonstriert, die der Schülerrat in Zukunft gerne verändern möchte. Das gläserne Lehrerzimmer, dass es an der Werkstattschule in Rostock gibt und für die Schüler zugänglich ist, wird es an unserer Schule zwar vielleicht leider nie geben, aber kleine Fortschritte werden wir mit Sicherheit umsetzen können.
Dieser Bericht wurde von dem Lernenden Ben Hlawatschke aus dem Schulzentrum am Sund (Stralsund) verfasst und gibt somit einen authentischen Einblick auf die gemeinsam erlebten Tage in Rostock. Austauschberichte stellen niemals die Meinung des gesamten Netzwerks dar. Mit freundlicher Unterstützung des Redaktionsteams!