Im Zeitraum vom 25. bis 29. März 2019 hatten sechs SchülerInnen der 11. und 12. Klasse der Jenaplanschule Jena die Möglichkeit den Schulalltag an der Gesamtschule Emschertal in Duisburg zu erkunden.
Wir reisten am Montag dem 25. März mit der Deutschen Bahn an und wurden herzlich am Bahnhof von Hadjara und der für die SV verantwortliche Lehrerin Frau Meier abgeholt. Die Schule ist auf zwei Standorte aufgeteilt, wir haben jedoch die ganze Woche am Standort für die Klassen 9 bis 13 hospitiert. Nach einer Führung durch die Schule, konnten wir die Stundenpläne aller Klassen durchsuchen und uns Unterrichtsstunden heraussuchen, welche wir besuchen wollten. Auf dem ersten Blick fielen uns Fächer auf, welche wir in Jena nicht haben und darum besonders gerne besuchen wollten. Dazu gehörten zum Beispiel Informatik oder Pädagogik. Im Laufe der Woche konnten wir somit eine große Varianz innerhalb der Fächer und Klassen abdecken. Wir verbrachten Dienstag, Mittwoch und Donnerstag im Schulalltag und konnten somit viele neue Eindrücke sammeln.
Der Schultag startete jeden Tag um 07:55. Je nach Wahlfach jedes Einzelnen variiert der persönliche Unterrichtsbeginn in der Oberstufe. Viele Lehrer beginnen den Unterricht, indem sie die Schüler auffordern aufzustehen um den Lehrer zu begrüßen. Durch das große ‘Kultur-Spektrum’, welches im gesamten Ruhrgebiet besteht, kommunizieren die Schüler, untereinander oft in anderen Sprachen (türkisch, persisch, rumänisch, …). Manchmal sprechen sie dann auch im Unterricht ihre Muttersprache und da die Lehrer oft das Gesagte nicht verstehen kommt es häufiger zu Konfrontationen zwischen Lehrern und Schülern. Das Schlichten von Streitereien wird dadurch erschwert.
Der Unterricht findet meist in Blöcken aus Doppelstunden statt, teilweise müssen die Schüler aber auch Ihre Räume wechseln und dadurch, dass dabei keine “5-Minuten-Pause” eingeplant ist, kommt es häufig zu einem verspäteten Stundenbeginn. Nach dem ersten und zweiten Block gibt es jeweils eine Pause von 20 Minuten, nach dem dritten Block eine Mittagspause von 55 Minuten. Obwohl es sich eigentlich um eine Ganztagsschule handelt, haben besonders die Klassen bis zur Oberstufe aufgrund fehlender Lehrer häufig bereits 13:05 Uhr Schluss. Ein großes Problem stellt außerdem das Pendeln der Lehrer zwischen beiden Standorten dar, da dadurch viel Zeit in Anspruch genommen wird.
In den Hauptfächern Deutsch, Mathe und Englisch werden die Schüler bis zur zehnten Klasse nach ihren Noten in grundlegende und erhöhte Klassen eingeteilt. Das “voneinander Lernen” wird dadurch eingeschränkt und der Sprung in die Sekundarstufe II erschwert. Wir konnten aber auch viele Fächer kennenlernen, wie zum Beispiel Pädagogik, Informatik, Türkisch, Spanisch, Philosophie und praktische Philosophie (bei den jüngeren Schülern). Dieses breite Spektrum hat uns sehr gut gefallen, da somit eine individuellere Fächerwahl möglich war, welche wir in unserer Schule in Jena teilweise vermissen. Vor allem Türkisch hat sich an dieser Schule sehr gut angeboten, weil viele Schüler die türkische Sprache als ihre Muttersprache gut beherrschen. Wir konnten das hohe Niveau in diesem Unterricht miterleben und waren sehr beeindruckt.
Im Gegensatz zu unserer Schule bekommt die Gesamtschule Emschertal eher weniger Unterstützung von außerhalb. Sei es allein von den Eltern der Schüler oder von externen Leuten. Leider gibt es keine starke Elterngemeinschaft und das Interesse am Schulalltag ist eher gering. Es fehlen außerdem Kontakte und Mittel zur Beantragung von Geldern. Durch wenig Unterstützung von Außerhalb, ist es der Schule leider nicht möglich eine gute technische Grundausstattung zu stellen. Es gibt zwar einen Computerraum, aber ansonsten mangelt es eher an Geräten. Trotzdem, und das sehen wir als sehr positiv, ist es der Schule möglich einen Informatik-Kurs anzubieten. Ein Hindernis für die Schule stellt der Standpunkt des Gebäudes in einer sozial schwächeren Umgebung dar.
Am Donnerstag hatten wir die Möglichkeit eine sogenannte “Internationale Alphabetisierungsklasse” zu besuchen. Drei Klassen mit jeweils ca. 10 Schülern aus aller Welt wird in Räumen der Gesamtschule Emschertal Deutsch gelehrt. Sie sollen somit auf die “richtige Schule” vorbereitet werden. Die Schüler mussten größtenteils aus ganz unterschiedlichen Ländern und Gründen fliehen und haben hier in Deutschland das erste mal die Chance zur Schule zu gehen. Wir waren sehr beeindruckt, wie motiviert und wissensdurstig die 8-14 Jährigen in dieser bunten Mischung an den Kursen teilnehmen.
Auch außerhalb des Schulalltags konnten wir viele interessante Eindrücke gewinnen. So besuchten wir beispielsweise den Essener Zollverein, erlebten das riesige Gewusel des Kaufhauses “Centro” und waren mit ein paar Schülern der Gesamtschule Emschertal Waffeln essen. Auch der nächtliche Besuch der Sehenswürdigkeit “Tiger and Turtle” beeindruckte uns sehr. Für den Freitag bereiteten die Duisburger einen Ausflug durch den Landschaftspark vor.
Im Nachhinein blicken wir auf eine Woche, welche uns vor allem gelehrt hat, wie verschieden Schulalltag aufgebaut sein kann. Wir sind über viele Strukturen, welche an der Jenaplan-Schule in Jena bestehen sehr dankbar und wissen diese erst jetzt richtig zu schätzen. Gleichzeitig machen wir uns jetzt erst recht noch mehr Gedanken darüber, was eine so große Diversität an Kultur einer Schule geben kann und vermissen diese an unserer Schule. Wir hoffen, dass die Gesamtschule Emschertal auch einiges von uns lernen konnte und Interesse daran hat, unseren Schulalltag näher kennenzulernen um vielleicht die ein oder andere Idee mitzunehmen, denn wir finden es schade, wie wenig die Schüler sich einsetzten um ihre Schule zu einem Ort zu machen, an dem sie gerne lernen.
Dieser Bericht wurde von der Lernenden Manon Schack von der Jenaplan-Schule Jena verfasst und gibt somit einen authentischen Einblick auf die gemeinsam erlebten Tage in Duisburg. Austauschberichte stellen niemals die Meinung des gesamten Netzwerks dar. Mit freundlicher Unterstützung des Redaktionsteams!