Im Frühjahr 2017 hatten Schüler*innen des Oberstufen-Kolleg Bielefeld unsere Schule besucht. Seitdem wollten auch wir gerne mal den Alltag an der Schule ohne Klassenräume und mit Studienfächern wie Jura oder Pädagogik miterleben.
Im Zeitraum vom 10. bis 13. September 2018 besuchten drei Schüler*innen der Werkstattschule in Rostock zusammen mit elf Schüler*innen der Jenaplanschule Jena das Oberstufen-Kolleg Bielefeld im Rahmen eines Austauschbesuches des Netzwerks BlickRichtungVielfalt.
Am Montag den 10. September reisten wir mit der DB an und wurden von Leo, bei welchem wir die folgenden Tage wohnen durften, am Bahnhof abgeholt. Die Schüler*innen aus Jena hatten eine kompliziertere Anreise und kamen erst zum späten Abend in Bielefeld an und wurden direkt von ihren Gastfamilien abgeholt. Die Schule haben wir am nächsten Morgen dass erste Mal betreten. Dabei durften wir einen Blick in das Gebäude der 0. bis 2. Klasse sowie in die Laborschule werfen, bevor wir uns das Oberstufen-Kolleg genauer angesehen haben. Die Gebäude sind durch die “Schulstraße” miteinander verbunden, so dass man theoretisch im Laufe seiner Schulausbildung ein Schulgebäude nach dem anderen besucht. Die Schülerschaft des OS besteht aber nicht Grundsätzlich aus Schülern, welche vorher die Laborschule besucht haben. Um hier die 11. bis 13. Klasse und somit die Hochschulreife absolvieren zu können, müssen die Schüler*innen ein Bewerbungsverfahren durchlaufen. Hierbei ist sowohl ein Motivationsschreiben, sowie Basic-Tests und die Durchführung von Auswahlgesprächen Teil des Prozesses. Das Besondere ist jedoch, dass kein Qualifikationsvermerk vorliegt. Wir hatten das Gefühl, dass somit eine sehr vielfältige Schülerschaft zusammenkommt, die sich freundlich und respektvoll begegnet und die Kollis somit untereinander ein auffallend positives Verhältnis zueinander haben. Die Schule besuchen ca. 600 Schüler*innen welche auf Flächen im Großraum zusammen lernen. Am OS gibt es die regulären Fachräume, ein großer Teil des Unterrichtes findet jedoch auf kleinen Bereichen der drei Flächen statt, welche durch verstellbare Trennwände zum Klassenraum werden. In diesen finden dann die Kursunterrichte sowie auch die Profil-Fächer statt.
Schon in der ersten Unterrichtsstunde, die wir am Dienstag besucht haben, sind wir über das “Duzen” zwischen Lehrenden und Lernenden gestolpert. Nachdem ich persönlich angefangen habe Sätze ohne Personalpronomen zu bauen um nichts falsches zu sagen, ist es für die Lehrer und Schüler*innen ganz normal sich auf der Du-Ebene zu begegnen. Im Gespräch ist die Idee aufgekommen, dass sowohl wir in Jena und Rostock mal für drei Wochen das “Du” ausprobieren und Bielefeld vielleicht nochmal mit dem “Sie” experimentiert.
Eine weitere Besonderheit ist die Kurswahl am Oberstufen-Kolleg: Den Schüler*innen wird es ermöglicht, Fächer zu wählen, welche schon fast an die Kursauswahl einer Universität erinnern. Uns war es ziemlich fremd, dass auch Schule den Raum schaffen kann um sich tiefer mit eigenen Interessen wie Architektur, Psychologie, Schriftkunst oder Humanbiologie auseinander zu setzen. Wir möchten auch in Rostock gerne nochmal die Möglichkeit hinterfragen, verschiedene Fächer anzubieten. Dienstagabend haben wir dann zusammen mit allen Schülern, die Gäste aufgenommen hatten bei Leo zu Hause gegrillt und den ersten gemeinsamen Abend mit Gesprächen und leckerem Nudelsalat ausklingen lassen.
Mittwochfrüh haben wir uns alle wieder in der Schule getroffen. Das Mittagessen haben wir in der Kantine oder der Universitätsmensa, welche die Schüler*innen des OS mit nutzen, bekommen. Für uns waren neben den regulären Studienfächern vor allem die Profilunterrichte interessant. Hierbei handelt es sich um fächerübergreifende Aufarbeitung von Themenkomplexe (z.B. GenderBilder) mit welchen sich die Schüler*innen dann die gesamte 12. und 13. Klasse beschäftigen. “Probleme und Fragestellungen lassen sich nicht in Fächer unterteilen.” erklärte uns die Pädagogische Leitung am ersten Tag und auch für uns war es sehr spannend den Unterricht mit zu verfolgen und zu sehen wie ein Thema sowohl in Literatur wie auch Biologie aufgearbeitet wurde. Den Nachmittag hatten einige von uns genutzt um sich die Innenstadt einmal genauer anzugucken. Zusammen mit weiteren Schülern des OS haben wir uns abends im Irish Pub getroffen und mit lustigen Karaoke-Auftritten den Abend beendet.
Wir Rostocker mussten leider schon am Donnerstag gegen 16.00 Uhr abreisen weshalb wir die Abschlussrunde nach einer letzten Hospitationsphase am Donnerstagmittag gestartet haben. Hierbei kamen viele Lehrkräfte und Schüler hinzu und auch wenn wir Rostocker leider früher los mussten, lief diese noch intensiv weiter, bis allen Beteiligten die Diskussionsthemen ausgegangen sind. Die Schüler*innen aus Jena und die Gastfamilien haben an dem Abend gemeinsam gekocht bevor auch sie am Freitag abreisen mussten.
Festhalten lässt sich für mich nach diesem Austausch, dass wir auch nach dem dritten Besuch bei welchem alle drei Schulen aufeinander getroffen sind (Frühjahr 2017 in Rostock, Frühjahr 2018 in Jena) auf neue und interessante Gesprächsthemen und Ideen gestoßen sind und alle mit neuen Inspirationen nachhause fuhren.
Dieser Bericht wurde von der Lernenden Laura Hinneburg aus der Werkstattschule Rostock verfasst und gibt somit einen authentischen Einblick auf die gemeinsam erlebten Tage in Bielefeld. Austauschberichte stellen niemals die Meinung des gesamten Netzwerks dar. Mit freundlicher Unterstützung des Redaktionsteams!